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Wilhelm Siegel

Wilhelm Siegel war der erste demokratisch gewählte Stormarner Landrat nach dem Zweiten Weltkrieg und außerdem der erste sozialdemokratische Landrat. Als Einziger übte er dieses Amt sowohl ehren- als auch hauptamtlich aus.

Ausbildung

Wilhelm Siegel besuchte in Hamburg zwischen April 1897 und Ende 1908 die Seminarschule Binderstraße, die er mit einem dem "Einjährigen" vergleichbaren Abschluss beendete.

Ab 1909 absolvierte er das Lehrerseminar am Steinhauerdamm, das er im Januar 1913 mit der Ersten Lehrerprüfung und der Befähigung zum Volksschullehrer abschloss. Im Mai/Juni 1917 bestand er mit einer Ausnahmegenehmigung wegen Militär- und Kriegsdienstunterbrechung die Zweite Lehrerprüfung, die für eine Festanstellung im Schuldienst erforderlich war.

Beruflicher Werdegang

Am 01.04.1913 wurde Wilhelm Siegel als Hilfslehrer in den hamburgischen Schuldienst übernommen und zunächst an Volksschulen in Barmbek und Winterhude im naturwissenschaftlichen Unterricht eingesetzt. Nach seiner Festanstellung als Volksschullehrer im Juli 1917 arbeitete er an Schulen in Barmbek. 1943 erfolgte seine Abordnung an die Volksschule Ahrensburg zur Betreuung evakuierter Hamburger Kinder. Im Juli 1945 wurde er zunächst kommissarisch, zwei Jahre später dann regulär Rektor an der Volksschule Forsmannstraße in Hamburg-Winterhude. Zum 01.05.1950 schied er aus dem Schuldienst aus.

Siegel war zwischen dem 29.08.1949 und dem 05.09.1950 Landesminister für Volksbildung im Kabinett des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Bruno Diekmann. Zwischenzeitlich wurde er am 28.04.1950 zum hauptamtlichen Landrat des Kreises Stormarn gewählt. Am 31.03.1956 trat er in den Ruhestand.

Lebenslauf

Wilhelm Siegel wuchs zunächst in Hamburg-Eppendorf auf, wo sein Vater als Buchführer am Neuen Allgemeinen Krankenhaus arbeitete. Später zog die Familie nach Ohlsdorf um, und Siegel fand kurzfristig eine Beschäftigung als Hilfslehrer. Ab Oktober 1913 wurde er zum Militärdienst eingezogen. Während des Ersten Weltkriegs wurde er von Herbst 1914 als Soldat an der Westfront eingesetzt. Aufgrund von Herzproblemen nach einer schweren Typhuserkrankung erfolgte im Januar 1917 seine Entlassung aus dem Kriegsdienst. Dennoch konnte er seine Lehrerlaufbahn in Hamburg fortsetzen. Ab 1930 unterrichtete er mehrere Jahre zusätzlich an der Lehranstalt für Geflügelwirtschaft Farmsen-Carlshöh.

Am 21.03.1918 heiratete Siegel die Hamburger Arbeitertochter Friederike Kiehl und gründete mit ihr in den folgenden Jahren eine Familie mit fünf Töchtern. 1927/28 zog Siegel mit seiner Familie in die hamburgische Exklave Schmalenbeck.

Die sowohl politisch als auch wirtschaftlich unruhige Kriegs- und Nachkriegszeit ließ Siegel zunächst in die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD) eintreten. Ende 1918 wechselte er dann in die neugegründete Kommunistische Partei Deutschlands (KPD). Doch bereits 1923 verließ er sie wieder, ohne irgendeine Parteifunktion übernommen zu haben. Über zwei Jahrzehnte engagierte er sich nicht mehr politisch. Nach der "Machtergreifung" der Nationalsozialisten 1933 wurde Siegel im Juli nach § 4 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums aufgrund seiner früheren Zugehörigkeit zur KPD entlassen. Im Oktober 1933 erfolgte seine Wiedereinstellung. Siegel wurde daraufhin Mitglied im Nationalsozialistischen Lehrerbund (NSLB) und 1934 in der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV).

Nach dem Zweiten Weltkrieg trat Siegel in die SPD ein und gehörte zu den von der britischen Militärregierung ernannten Mitgliedern des ersten ernannten Kreistags vom 10.01.1946. Nach den ersten demokratischen Wahlen wurde Siegel am 30.09.1946 zum ehrenamtlichen Landrat gewählt und übte damit die Funktion des Vorsitzenden des Kreistages (später Kreispräsident) aus. Außerdem war er Beisitzer des Entnazifizierungsausschusses für den Kreis Stormarn. Den Entnazifizierungsbezirksausschuss in Ahrensburg leitete er von April bis Oktober 1946 als Vorsitzender. Er selbst wurde 1948 als unbelastet eingestuft.

Für die SPD saß Siegel vom 08.05.1947 bis zum 28.04.1967 als Abgeordneter im schleswig-holsteinischen Landtag in Kiel. Außer seinem Ministeramt für Volksbildung war er Mitglied in mehreren Ausschüssen, so u.a. für Verfassung und Geschäftsordnung 1947-1950, für Volksbildung 1947-1967, für Wahrung der Rechte der Volksvertretung 1958-1967. Von 1958 bis 1967 hatte er das Amt des Ersten Landtagsvizepräsidenten inne. Insbesondere widmete er sich dem Schul- und Bildungswesen in Schleswig-Holstein.

Mit Inkrafttreten der neuen Kreisordnung im April 1950 wurde Siegel in einer Stichwahl gegen den bisherigen Oberkreisdirektor und Verwaltungsleiter Franz Wilhelm Kieling zum hauptamtlichen Landrat und damit zum leitenden Beamten der Kreisverwaltung gewählt. Der Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten (BHE), teilweise Sammelbecken ehemaliger Nationalsozialisten, positionierte sich gegen den SPD-Landrat und Befürworter der Entnazifizierung.

Siegel setzte sich in seiner Amtszeit v.a. für den Ausbau von Bad Oldesloe zur Kreisstadt ein. Das neue Stormarnhaus als Sitz der Kreisverwaltung wurde 1952 eingeweiht. Zudem waren noch die Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs mit einer starken Zunahme der Bevölkerung durch den Zustrom von Flüchtlingen und der daraus resultierenden Wohnungsnot und des Arbeitsplatzmangels zu bewältigen. So gehörte neben Wohnungsbauprogrammen die Ansiedlung von Gewerbe zu den Hauptinteressen des Landrats. Intensiv förderte er die Ausweisung eines Gewerbegebiets in Harksheide. Als ehemaliger Lehrer und Minister für Volksbildung initiierte er außerdem eine Reihe von Schul- und Jugendheimprojekten.

Siegel starb am 05.11.1977 im Ortsteil Schmalenbeck, Gemeinde Großhansdorf.

Bedeutung

Sowohl auf Kreis- als auch auf Landesebene hat sich Wilhelm Siegel nach dem Zweiten Weltkrieg bei dem Wiederaufbau der Demokratie große Verdienste erworben. Zudem setzte er sich für die Ausgestaltung der Kreisordnung von 1950 und den Aufbau des Schul- und Bildungswesens im Land Schleswig-Holstein ein. In Stormarn stellte er die Weichen für die neue Kreisstadt und den zukünftigen wirtschaftlichen Aufschwung des Kreises.

Verleihung des Großen Verdienstkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, 1956

Ehrungen und Preise

Am 03.04.1956 wurde Wilhelm Siegel das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Das Große Verdienstkreuz mit Stern erhielt er am 30.09.1966.

Am 15.12.1965 wurde er zum Ehrenbürger seines Wohnortes Großhansdorf ernannt.

Persönlichkeiten

Wilhelm Siegel GND: 1119642035
Bruno Diekmann GND: 1023942631
Franz Wilhelm Kieling GND: 1013152573

Familienname

Siegel

vollständige Vornamen

Wilhelm Arnold Albrecht

Rufname

Wilhelm

Geburtsdatum

15.12.1890

Geburtsort

Hamburg

Sterbedatum

05.11.1977

Sterbeort

Großhansdorf

Geschlecht

männlich

Religion

evangelisch

Berufe

Lehrer, Rektor

Funktionen, Rang

1946-1950 ehrenamtlicher Landrat, 1950-1956 hauptamtlicher Landrat, 1949-1950 Minister für Volksbildung in Schleswig-Holstein

Ehe-/Lebenspartner

Friederike Charlotte Siegel, geb. Kiehl (1891-1970)

Kinder

fünf Töchter

Eltern

Nicolaus Anton Heinrich Siegel (1856-1945), Anna Johanna Henriette Siegel, geb. Hauschild (1862-1922)

Strukturansicht

Landrat: Amtsinhaber

Ernannter Kreistag 1946: Mitglieder

Finanz- und Haushaltsausschuss 1946: Mitglieder

Kreistag 1946-1948: Mitglieder

Kreisausschuss 1946-1948: Mitglieder

Kreistag 1948-1951: Mitglieder

Kreisausschuss 1948-1951: Mitglieder

Beschlussausschuss 1950-1951: Mitglieder

Kreisausschuss 1951-1955: Mitglieder

Beschlussausschuss 1951-1955: Mitglieder

Kreisausschuss 1955-1959: Mitglieder

Beschlussausschuss 1955-1959: Mitglieder

Literatur

  • Müller, Henning K. : Die Stormarner Landräte und der Nationalsozialismus. Bad Oldesloe, 2018, GVK: 1040337368
  • Fischer, Norbert : Die modellierte Region Stormarn und das Hamburger Umland vom Zweiten Weltkrieg bis 1980. Neumünster, Wachholtz 2000, GVK: 320758400
  • Günther, Barbara [Hrsg.] : Stormarn Lexikon. Neumünster, Wachholtz 2003, GVK: 365197653

Weitere Literatur