Lebenslauf
Wilhelm Siegel wuchs zunächst in Hamburg-Eppendorf auf, wo sein Vater als Buchführer am Neuen Allgemeinen Krankenhaus arbeitete. Später zog die Familie nach Ohlsdorf um, und Siegel fand kurzfristig eine Beschäftigung als Hilfslehrer. Ab Oktober 1913 wurde er zum Militärdienst eingezogen. Während des Ersten Weltkriegs wurde er von Herbst 1914 als Soldat an der Westfront eingesetzt. Aufgrund von Herzproblemen nach einer schweren Typhuserkrankung erfolgte im Januar 1917 seine Entlassung aus dem Kriegsdienst. Dennoch konnte er seine Lehrerlaufbahn in Hamburg fortsetzen. Ab 1930 unterrichtete er mehrere Jahre zusätzlich an der Lehranstalt für Geflügelwirtschaft Farmsen-Carlshöh.
Am 21.03.1918 heiratete Siegel die Hamburger Arbeitertochter Friederike Kiehl und gründete mit ihr in den folgenden Jahren eine Familie mit fünf Töchtern. 1927/28 zog Siegel mit seiner Familie in die hamburgische Exklave Schmalenbeck.
Die sowohl politisch als auch wirtschaftlich unruhige Kriegs- und Nachkriegszeit ließ Siegel zunächst in die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD) eintreten. Ende 1918 wechselte er dann in die neugegründete Kommunistische Partei Deutschlands (KPD). Doch bereits 1923 verließ er sie wieder, ohne irgendeine Parteifunktion übernommen zu haben. Über zwei Jahrzehnte engagierte er sich nicht mehr politisch. Nach der "Machtergreifung" der Nationalsozialisten 1933 wurde Siegel im Juli nach § 4 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums aufgrund seiner früheren Zugehörigkeit zur KPD entlassen. Im Oktober 1933 erfolgte seine Wiedereinstellung. Siegel wurde daraufhin Mitglied im Nationalsozialistischen Lehrerbund (NSLB) und 1934 in der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV).
Nach dem Zweiten Weltkrieg trat Siegel in die SPD ein und gehörte zu den von der britischen Militärregierung ernannten Mitgliedern des ersten ernannten Kreistags vom 10.01.1946. Nach den ersten demokratischen Wahlen wurde Siegel am 30.09.1946 zum ehrenamtlichen Landrat gewählt und übte damit die Funktion des Vorsitzenden des Kreistages (später Kreispräsident) aus. Außerdem war er Beisitzer des Entnazifizierungsausschusses für den Kreis Stormarn. Den Entnazifizierungsbezirksausschuss in Ahrensburg leitete er von April bis Oktober 1946 als Vorsitzender. Er selbst wurde 1948 als unbelastet eingestuft.
Für die SPD saß Siegel vom 08.05.1947 bis zum 28.04.1967 als Abgeordneter im schleswig-holsteinischen Landtag in Kiel. Außer seinem Ministeramt für Volksbildung war er Mitglied in mehreren Ausschüssen, so u.a. für Verfassung und Geschäftsordnung 1947-1950, für Volksbildung 1947-1967, für Wahrung der Rechte der Volksvertretung 1958-1967. Von 1958 bis 1967 hatte er das Amt des Ersten Landtagsvizepräsidenten inne. Insbesondere widmete er sich dem Schul- und Bildungswesen in Schleswig-Holstein.
Mit Inkrafttreten der neuen Kreisordnung im April 1950 wurde Siegel in einer Stichwahl gegen den bisherigen Oberkreisdirektor und Verwaltungsleiter Franz Wilhelm Kieling zum hauptamtlichen Landrat und damit zum leitenden Beamten der Kreisverwaltung gewählt. Der Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten (BHE), teilweise Sammelbecken ehemaliger Nationalsozialisten, positionierte sich gegen den SPD-Landrat und Befürworter der Entnazifizierung.
Siegel setzte sich in seiner Amtszeit v.a. für den Ausbau von Bad Oldesloe zur Kreisstadt ein. Das neue Stormarnhaus als Sitz der Kreisverwaltung wurde 1952 eingeweiht. Zudem waren noch die Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs mit einer starken Zunahme der Bevölkerung durch den Zustrom von Flüchtlingen und der daraus resultierenden Wohnungsnot und des Arbeitsplatzmangels zu bewältigen. So gehörte neben Wohnungsbauprogrammen die Ansiedlung von Gewerbe zu den Hauptinteressen des Landrats. Intensiv förderte er die Ausweisung eines Gewerbegebiets in Harksheide. Als ehemaliger Lehrer und Minister für Volksbildung initiierte er außerdem eine Reihe von Schul- und Jugendheimprojekten.
Siegel starb am 05.11.1977 im Ortsteil Schmalenbeck, Gemeinde Großhansdorf.