Geschichte
Der Bau einer Überlandzentrale in Lübeck-Herrenwyk regte 1909 in Stormarn Überlegungen zum Aufbau eines eigenen Leitungsnetzes für die Stromversorgung im Kreisgebiet an. Der Stormarnsche landwirtschaftliche Kreisverein trug im Dezember desselben Jahres die Diskussion in die Öffentlichkeit. Im Auftrag des Kreisausschusses verhandelte Landrat Joachim von Bonin mit der Hanseatischen Siemens-Schuckert Werke GmbH. Diese führte im Frühjahr 1910 eine kreisweite Bedarfsermittlung und im Sommer 1912 Informationsvorträge in den Stormarner Gemeinden durch.
Am 08.07.1912 genehmigte der Stormarner Kreistag den mit der Siemens Elektrische Betriebe AG (ab 1925 Nordwestdeutsche Kraftwerke AG, NWK) ausgehandelten Stromlieferungsvertrag sowie eine Anleihe bis 850.000 Mark für Planung und Ausbau der Stromversorgungsanlagen.
Angelpunkt war die Haupttransformatorenstation im Norden Bargteheides, welche die 30.000-Volt-Hochspannung aus der Überlandzentrale Lübeck-Herrenwyk auf die 11.000-Volt-Netzstärke im Kreisgebiet umwandelte. Das Leitungsnetz bestand aus drei Stromkreisen für den Nordosten, Süden, und Südwesten Stormarns. Über Ortswandler in den Gemeinden speiste es Hausanschlüsse bei Privatabnehmern, Handwerks-, Gewerbe- und Industriebetrieben. Die Verwaltungszentrale saß im Stormarnhaus in Wandsbek.
1913 errichteten die Siemens-Schuckert Werke, mit einem Baubüro in Bad Oldesloe, die Haupttransformatorenstation, das innerstormarnsche Niederspannungsnetz, die Ortswandleranlagen für anfangs 97 Orte und 11 Gutsbezirke sowie die Ortsnetze samt Hausanschlüssen und Zählern. Am 27.10.1913 wurde die Stromversorgungsanlage in Betrieb genommen.
Zunächst versorgte das 11.000-Volt-Netz mit einer Gesamtlänge von circa 338 Kilometern auf einem Gebiet von etwa 679 Quadratkilometern mit rund 40.000 Kreisbewohnern etwa 2.160 Stromkunden.
Seit 1921 führte eine zusätzliche Hochspannungsleitung der Hamburgischen Elektrizitätswerke (HEW) von ihrem Kraftwerk in Tiefstack zur Haupttransformatorenstation Bargteheide. Sie gewährleistete seit 1914 die angestrebte störungsfreie Versorgung industrieller Großabnehmer wie dem Bergedorfer Eisenwerk in Sande-Lohbrügge und dem Wasserwerk der Kreisfreien Stadt Wandsbek in Großensee. 1922 schloss sich auch die Stadt Bad Oldesloe an die Überlandleitung an. Bis 1926 verdreifachten sich Stromkunden und Zählerzahl. Das innerstormarnsche Leitungsnetz wurde ausgebaut, drei neue Haupttransformatorenstationen wurden in Sehmsdorf (1926), Sande-Lohbrügge (1926/27) und Meiendorf (1934) in Betrieb genommen. Mitte der 1930er-Jahre belieferte die Überlandleitung über ihr mittlerweile 385 Kilometer langes Leitungsnetz in 164 Orten und Gütern 13.600 Stromkunden mit jährlich rund 5,5 Millionen Kilowattstunden Strom.
Zu dieser Zeit befand sich der Kreis jedoch durch die Folgen der allgemeinen Wirtschaftskrisen in enormen finanziellen Schwierigkeiten. Die Überlandleitung war überschuldet und konnte kein Kapital für den erforderlichen Ausbau von Versorgungsleitungen in mehreren, im Zuge des Aussiedlungsprogrammes aus Hamburg neu entstandenen Siedlungen aufbringen.
Das zur Konzentration der Energieerzeugung in staatlicher Hand erlassene Energiewirtschaftsgesetz der Nationalsozialisten vom 13.12.1935 sowie die Gebietsverluste durch das Groß-Hamburg-Gesetz führten schließlich am 01.04.1938 zur Übernahme der Überlandleitung durch die Schleswig-Holsteinische Stromversorgungs AG (Schleswag).