Beruflicher Werdegang
1899–1902 arbeitete Minna Specht als Erzieherin bei einer Familie des hinterpommerschen Landadels, anschließend als Lehrerin an der Höheren Mädchenschule von Mary Henckel in Hamburg. 1914/15 war sie Erzieherin auf dem Gut der Familie von Werthern in Großneuhausen (Thüringen), 1917/18 Oberlehrerin an der Elisabeth-Schule in Berlin-Lichterfelde sowie 1918/19 im Landerziehungsheim Haubinda (Thüringen) des Reformpädagogen Hermann Lietz.
Mit dem Göttinger Professor für Philosophie Leonard Nelson, einem Vertreter des ethischen Sozialismus, gründete sie 1917 den Internationalen Jugendbund (IJB) als Erziehungsgemeinschaft mit strengen Regeln für die Mitglieder.
1919 lehnte das preußische Kultusministerium den Plan von Nelson, Lietz und Specht zur Einrichtung staatlich finanzierter Landerziehungsheime ab, daraufhin gründeten sie 1922 die Philosophisch-Politische Akademie (PPA) zur Verbreitung und praktischen Umsetzung von Nelsons Werk.
Nach dem Ausschluss der IJB-Mitglieder aus KPD und SPD waren Specht und Nelson 1926 Mitbegründer des Internationalen Sozialistischen Kampfbunds (ISK) zur Fortsetzung der Arbeit des IJB als „Partei der Vernunft“. Die politische Schulung der Mitglieder fand z. B. in dem Melsunger Landerziehungsheim Walkemühle statt, dessen Leitung Specht Ende 1924 von dem Reformpädagogen Ludwig Wunder übernommen hatte.
Dreijährige Kurse für junge Erwachsene zielten durch strenge Charakterschulung auf die Ausbildung von Führungspersönlichkeiten. Die Kinderabteilung basierte dagegen auf Ansätzen wie Nelsons sokratischem Gespräch als gleichberechtigtem Austausch, erfahrungsbezogenem, selbsttätigem Lernen, Exemplarität und Anschaulichkeit als Basis für eigene Urteilsbildung sowie Erziehung zum Selbstvertrauen. Mäzene und die unentgeltliche Arbeit der Erzieher sowie die PPA als Trägerin ermöglichten Arbeiterkindern den Schulbesuch.
1931/32 arbeitete Specht in Berlin bei der vom ISK herausgegebenen Tageszeitung „Der Funke“.
1933 schlossen die Nationalsozialisten die Walkemühle. Specht ging mit Schülern und Kollegen ins dänische Exil, wo sie den Schulbetrieb fortführte. Mangels Anmeldung von neuen Schüler/innen zog die Schule 1938 nach Cwmavon (Wales). Eine Angliederung an ein Projekt der Quäker für arbeitslose Bergarbeiter scheiterte. Im April 1940 erfolgte der Umzug auf den Herrenhof Butcombe Court bei Bristol, um eine internationale Schule einzurichten. Im Juni 1940 wurde Specht von britischen Behörden als „feindliche Ausländerin“ verhaftet und die Schule geschlossen. Nach ihrer Internierung auf der Isle of Man, wo sie eine Lagerschule initiierte und leitete, lebte sie ab Sommer 1941 in London und war 1942 für die Fabian Society tätig.
Als Mitbegründerin des German Educational Reconstruction Committee (G.E.R.) 1943 legte sie mit ihrem programmatischen Werk „Gesinnungswandel“ ein Konzept für die Umerziehung der nationalsozialistisch geprägten Jugend nach dem Krieg sowie die demokratiefördernde Umstrukturierung des Schulsystems vor, das auf die Erziehung zu Friedensbereitschaft, Weltbürgertum und konstruktiver Toleranz zielte.
1946–1951 erprobte Specht als Leiterin der reformpädagogischen Odenwaldschule in Heppenheim (Hessen) innovative Modelle von Oberstufenkursen sowie Gesamt-, Ganztags- und Werkstudienschule, konnte aber die geplante soziale Öffnung der Schule nicht umsetzen.
1950–1958 war sie Mitherausgeberin der pädagogischen Ratgeberreihe „Kindernöte“, 1950–1959 Mitglied der deutschen UNESCO-Kommission und 1952–1954 Mitarbeiterin am UNESCO-Institut für Pädagogik in Hamburg.
1953–1959 fungierte sie als Inspektorin der Vereinigung der Landerziehungsheime.