Geschichte
Das Vogelschießen war einst mit den Festen der Gilden verbunden. Am Tag des Gildefestes wurde auf einem Schießgelände mit Armbrust oder Schusswaffe auf einen Holzvogel geschossen, der auf einer hohen Stange befestigt war. Dieser Vogel in Form eines Papageis („Papagoy“) war häufig kunstvoll gestaltet und farbenprächtig bemalt. In Bad Oldesloe entwickelte sich das heutige Schulfest, nachdem die Gilde begaonnen hatte, nicht mehr auf einen Vogel, sondern auf Scheiben zu schießen.
Die konkreten Anfänge des Kindervogelschießens sind für Bad Oldesloe historisch nicht überliefert. Einen ersten Hinweis gibt es aus dem Jahr 1808, als die städtische Bürgerschützengilde den Königen des Kindervogelschießens ihren bisherigen Königsschild stiftete. Eine verlässliche Nachricht stammt aus dem Jahr 1869, als das Oldesloer Wochenblatt über das Kindervogelschießen berichtete. Das Fest umfasste alle öffentlichen und privaten Schulen. 1900 nahmen erstmals auch Kinder des Hamburger Kinderpflegeheims teil.
Zunächst fand das Fest an einem Freitag zwei Wochen nach Pfingsten statt, später rückte es an die Sommerferien heran und wurde teils auch nach den Ferien durchgeführt. Damals wurde auf dem Konzertplatz der Badeanstalt und vor dem Logierhaus gefeiert, zwischen 1906 und 1909 auf dem Exerzierplatz bzw. im Hotel Stadt Lübeck. Die Stadt wurde für das Kindervogelschießen und seine Umzüge festlich mit Flaggen und Blumen geschmückt. Die Straßenführung für Ein- und Ausmarsch der Kinder war jeweils unterschiedlich. Im Jahr 1888 fiel das Fest wegen des Todes von Kaiser Friedrich III. aus, während des Ersten Weltkrieges wurde es eingestellt. Beim zweiten Kindervogelschießen nach dem Krieg im Jahr 1920 gab es in Bad Oldesloe bereits fünf Schulen, die teilnahmen. Ab 1929 kamen die Kinder der eingemeindeten Orte Wolkenwehe und Poggensee hinzu. Die Tanzveranstaltungen fanden aufgeteilt nach Alter in unterschiedlichen Etablissements statt. In der Zeit des Nationalsozialismus musste die Hakenkreuzfahne bei den Umzügen und im Stadtbild gezeigt werden. Nach 1939 wurde das Kindervogelschießen wegen des Zweiten Weltkrieges eingestellt und erst 1948 wieder aufgenommen.
Durch den Strukturwandel der Nachkriegszeit, insbesondere die Integration der Flüchtlinge und Vertriebenen und das weitere Bevölkerungswachstum in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, erhöhte sich die Teilnehmerzahl kontinuierlich: Waren es 1957 noch rund 2760 Kinder, so nahmen 1997 bereits rund 4500 Kinder teil. Die Umzüge wurden von zahlreichen Kapellen und Spielmannszügen begleitet. Auch auswärtige Kapellen nahmen teil.
Ab 1970 beschränkte sich das schulische Teilnehmerfeld auf die Schulklassen eins bis acht, da bei den Älteren mangelndes Interesse festgestellt wurde. Der Weg der Umzüge veränderte sich laufend und musste auch der städtebaulichen und verkehrlichen Entwicklung angepasst werden. Ebenso wandelte sich die begleitende Musik, indem nicht mehr Märsche im Vordergrund standen, sondern Popularmusik.
Ab 1991 waren auch die Mädchen zum Schießen auf den Vogel zugelassen, wogegen sie ihre Wettkämpfe früher durch andere Spiele, wie z.B. das Vogelpicken, austrugen.
Auch aus anderen Stormarner Gemeinden, insbesondere im Oldesloer Umland, ist das Kindervogelschießen bekannt. Zugleich wird es heute noch in weiteren schleswig-holsteinischen Orten praktiziert, zum Beispiel in Bad Segeberg, Oldenburg (Holstein), Heiligenhafen und Wahlstedt.
In Bad Oldesloe stellt das Kindervogelschießend das größte und wichtigste städtische Fest dar. Große Teile der Innenstadt sowie der Berliner Ring werden am Festtag gesperrt. Für viele Menschen in Bad Oldesloe zählt das sommerliche Kindervogelschießen zu den Höhepunkten im Jahreslauf und ihrer lebensgeschichtlichen Erinnerung. Allerdings hat die Beteiligung der Oldesloer Bevölkerung am Fest in den letzten Jahren sichtbar abgenommen. Dies gilt nicht zuletzt für die Zahl der Schaulustigen bei den Umzügen. Diese Entwicklung reiht sich ein in den allgemeinen Bedeutungsverlust traditioneller, nicht-kommerzieller Festveranstaltungen.