Verlauf und Akteure
Als Groß-Hamburg-Gesetz wird das unter dem Nationalsozialismus oktroyierte, am 01.04.1937 in Kraft getretene und bis zum 01.04.1938 vollzogene Gesetz zur Neugliederung des Großraumes Hamburg bezeichnet. Ziel war es, durch territoriale Expansion die Wirtschaftskraft Hamburgs, nicht zuletzt den Hafen und seine Industrien, zu bündeln und damit zu stärken. Im Hintergrund stand das Ziel, Hamburg zu einer "Führerstadt" auszubauen. Zu diesem Zweck sollten die als zu eng empfundenen Stadtgrenzen ausgedehnt werden. Die geplante Aufwertung Hamburgs durch die Nationalsozialisten nutzten der Erste Bürgermeister Carl Vincent Krogmann und der NSDAP-Gauleiter und Reichsstatthalter Karl Kaufmann in Berlin zu einer an den Interessen Hamburgs ausgerichteten territorialen Erweiterung. Eine maßgebliche Rolle spielte dabei der NSDAP-Politiker Hermann Göring in seiner Funktion als preußischer Ministerpräsident. Die Neuregelung wurde ohne Beteiligung der betroffenen Umlandkreise durchgesetzt.
Das Groß-Hamburg-Gesetz umfasste im Wesentlichen die Eingemeindung zahlreicher zuvor preußischer Gemeinden bzw. Stadtkreise nach Hamburg, darunter Altona, Harburg-Wilhelmsburg und Wandsbek. Die Hansestadt wuchs dadurch flächenmäßig um 80%, bevölkerungsmäßig um 41%. Der Kreis Stormarn verlor die zwölf Gemeinden Bergstedt, Billstedt, Bramfeld, Duvenstedt, Hummelsbüttel, Lemsahl-Mellingstedt, Lohbrügge, Poppenbüttel, Rahlstedt, Sasel, Steilshoop und Wellingsbüttel. Das bedeutete einen Verlust an Bevölkerung von 67.060 Einwohner und an Fläche von 128,43 km2. Umgekehrt kamen lediglich die bisherige Hamburger Exklave Großhansdorf-Schmalenbeck neu zum Kreis Stormarn. Auch die früher stormarnsche, dann kreisfreie Stadt Wandsbek fiel an Hamburg, dennoch verblieb ihr die Kreisverwaltung bis August 1943.
Für Stormarn waren die Gebiets- und Bevölkerungsabtretungen mit einem erheblichen Verlust an wirtschaftlicher Substanz verbunden, denn der Kreis musste die meisten seiner gewerblich-industriell entwickelten Gebiete – wie Billstedt, Bramfeld und Lohbrügge – abtreten.
Das Groß-Hamburg-Gesetz beendete zunächst auch alle Ansätze einer gemeinsamen Planungsarbeit zwischen Hamburg und Preußen bzw. Stormarn. Auf Stormarner Seite war es Landrat Friedrich Knutzen, der die Probleme einer massenhaft aus Hamburg ins Umland abwandernden Bevölkerung frühzeitig erkannte und 1925 die Kreisbaubehörde eingerichtet hatte. Knutzen fasste seine Erkenntnisse 1933 in einer 172-seitigen, mit reichhaltigem empirischen Material versehenen Studie mit dem Titel „Denkschrift über die Wanderungs- und Siedlungsvorgänge im Unterelbegebiet“ zusammen. Unter der NS-Herrschaft wurde der liberale Knutzen seines Amtes im März 1933 enthoben.
Auch für übrige Teile des Hamburger Umlandes brachte das Groß-Hamburg-Gesetz einschneidende Veränderungen. Neben Wandsbek kamen Altona und Harburg-Wilhelmsburg zu Hamburg. Insgesamt erhielt Hamburg 27 Gemeinden der Kreise Stormarn, Pinneberg, Harburg und Stade. Umgekehrt fielen - neben Großhansdorf und Schmalenbeck - Geesthacht an die preußische Provinz Schleswig-Holstein, die Stadt Cuxhaven, das Amt Ritzebüttel und die Insel Neuwerk an die preußische Provinz Hannover. Die staatsrechtliche Überleitung wurde bis zum 01.04.1938 abgeschlossen. In Cuxhaven behielt Hamburg bis auf Weiteres noch Rechte an bestimmten Hafengebieten (bis 1992).
Das Groß-Hamburg-Gesetz brachte in Norddeutschland noch weitere bedeutende Gebietsveränderungen mit sich. Unter anderem kam das bisher eigenständige Land Lübeck zur preußischen Provinz Schleswig-Holstein. Die lübeckischen Exklaven im Kreis Herzogtum Lauenburg wurden aufgelöst. Die bisher zur preußischen Provinz Hannover gehörende Stadt Wilhelmshaven wurde mit der oldenburgischen Stadt Rüstringen zur Stadt Wilhelmshaven vereinigt, die zum Freistaat Oldenburg kam.