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Evangelische Kirche Zarpen

Die inmitten des Dorfes auf dem Anger gelegene hochmittelalterliche Kirche ist der Mittelpunkt der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Zarpen.

Ansicht von Südosten, 2020

Außenarchitektur

Die Kirche ist ein einschiffiger, zweijochiger Backsteinbau im gotischen Ziegelverband, mit paarweise angeordneten spitzbogigen Fenstern im Schiff. Der eingezogene Chor mit seiner 5/10-Apsis und rundbogigen Fenstern ruht auf einem niedrigen Feldsteinsockel. Ecklisenen und Friese mit Rund- und Spitzbögen schmücken das Äußere.

Der dreigeschossige schiffsbreite Turm mit dem Haupteingang auf der Westseite und der Glockenstube besitzt heute ein überkragendes achteckiges, mit Eichenholz-Schindeln gedecktes Zeltdach, das mit einer eisernen Spitze mit vergoldeter Kugel und einem Hahn abschließt. Ein zweiter historischer Eingang mit Rundstab-Einlagen und Glasursteinwechsel sitzt in der Südwand vor dem westlichen Joch.

Chor mit Altar und Deckenmalerei, ca. 1994
Innenansicht, 1971

Innenarchitektur

Die beiden Schiffsjoche sind mit vierteiligen, kuppeligen Kreuzrippengewölben aus Ziegeln gedeckt, die über Schild- und Gurtbögen auf Wandvorlagen abgesetzt sind. Zum querrechteckigen Chor leitet ein spitzbogiger Chorbogen über. Der ursprünglich flach gedeckte Chorraum besitzt ein gotisches Kreuzrippengewölbe, das drei Engel mit Schriftbändern schmücken. Die Unterseiten von Apsis-, Chor- sowie Gurtbögen verfügen über spätgotische Ausmalungen. Die beiden Schiffsgewölbe tragen eine gotisierende Rankenmalerei aus dem 17. Jahrhundert. Die von der Orgel quergeteilte Turmhalle besitzt seitliche Wandblenden. An den Seiten der Vorhalle erinnern zwei Gedenktafeln des Plöner Bildhauers Helmut Pauleit an die Opfer der beiden Weltkriege.

Das ursprünglich für den Altar gestiftete, etwa 1,1 m große hölzerne, silber gefasste Kruzifix mit tiefhängender Christusfigur an einem Astkreuz und am Fußende einem Totenkopf mit gekreuzten Knochen stammt aus dem späten 17. Jahrhundert und hängt heute an der Chor-Nordwand. Der fünfseitige Kanzelkorb vom Anfang des 17. Jahrhunderts mit schlichter Felderteilung und achtseitigem Schalldeckel mit Renaissance-Aufsätzen steht auf der Südseite vor dem Chorbogen.

Auf der Empore im Turm befindet sich hinter einem barocken Prospekt vom Ende des 17. Jahrhunderts die Orgel der Firma Marcussen & Sohn (Apenrade) von 1883.

Die drei Bronzeglocken stammen von 1464, 1744, diese gegossen vom Lübecker Ratsgießer Lorenz Strahlborn, sowie 1959.

Orgel ebenerdig im Turmraum, ca. 1950

Geschichte

1221 erteilte der Lübecker Bischof Berthold dem Abt des Reinfelder Zisterzienserklosters Herbord I. die Bauerlaubnis für den Neubau einer Kirche in Zarpen inmitten der Klosterdörfer in Nordstormarn. Nach dem Chor als ältestem Bauteil wurden wohl Kirchenschiff und Apsis sowie der Turm errichtet, der 1604 seinen Helm erhielt.

Im 18. Jahrhundert wurden die Ausmalungen weiß übertüncht. Um 1860 ließ die Gemeinde die Strebepfeiler am Kirchenschiff anbauen, Fensteröffnungen vergrößern und Seitenemporen einziehen.

Eine umfangreiche Renovierung fand 1936-1940 statt, bei der Portale und Fenstergewände rekonstruiert, die wiederentdeckten Ausmalungen restauriert sowie die Emporen ausgebaut wurden. Die Bleiglasfenster schuf die Berliner Glasmosaikanstalt August Wagner. 1956 entstanden die in den Turm zurückversetzte Orgelempore sowie die darunterliegende Eingangshalle.

1994-2021 fanden in mehreren Bauabschnitten weitere Sanierungen und statische Sicherungsarbeiten im Chor statt.

Bedeutung

Die Pfarrkirche für Badendorf, Dahmsdorf, Heilshoop, Mönkhagen, Pöhls, Ratzbek, Rehhorst, Willendorf und Zarpen ist eines der ältesten erhaltenen Bauwerke im Kreis Stormarn. Sie zeigt deutliche bauliche Merkmale des Übergangsstils von der Romanik zur Gotik.

Nutzung

Neben Gottesdiensten und kirchlichen Feiern finden in der Kirche auch Konzerte und Meditationsangebote statt.

Erhaltungszustand

Nach den letzten Sanierungen befindet sich die Kirche in einem guten Zustand.

Besonderheiten

Im Landesarchiv Schleswig-Holstein befindet sich eine Abschrift der Bauerlaubnis von 1221.

Das Kruzifix ist ein Exemplar vom „Plöner Typus“, den der damalige Landesherr Johann Adolf von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Plön für die Kirchen in seinem Teil-Herzogtum anstelle älterer Altaraufsätze verordnet und gestiftet hat.

Persönlichkeiten

Herbord, Abt von Reinfeld (amt. 1220-1232)
Berthold, Bischof von Lübeck (amt. 1210-1230)
Johann Adolf von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg-Plön GND: 122803574
Lorenz Strahlborn GND: 116847177X
Helmut Pauleit

Datierung Schutzstellung

27.03.1968

Begründung Schutzstellung

Die Kirche mitsamt dem Kirchhof, den Grabmalen bis 1870 und der Granit-Böschungsmauer ist aus geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen und die Kulturlandschaft prägenden Gründen erhaltenswert.

Links

Homepage der Kirchengemeinde mit virtuellem 360°-Rundgang in der Kirche: https://www.kirche-zarpen.de/kirche.html (Zugriff am 09.05.2022)

14 400
Evangelische Kirche Zarpen business 53.8705580000 10.5174260000

Ort

Hauptstraße 59
23619 Zarpen

GPS-Standort

53° 52' 14'' N, 10° 31' 2'' O

Auftraggeber

Abt Herbord I. des Zisterzienserklosters Reinfeld

Errichtungsdatum

ab 1221

Strukturansicht

Literatur

  • Schröter, Martin J. : Reinfeld Zisterzienser. 2019, In: Klosterbuch Schleswig-Holstein und Hamburg ; Band 2, Regensburg: Schnell + Steiner, 2019, (2019), Seite 484-508, GVK: 1688589120
  • Adolphsen, H. : Die Kirche zu Zarpen in Holstein Geschichtliches und Gegenwärtiges. Lübeck, Borchers 1929, GVK: 247939781
  • Kunst-Topographie Schleswig-Holstein. Neumünster, Wachholtz 1982, GVK: 267877927
  • Teuchert, Wolfgang (1927-2010) : Ein barockes Kruzifix in der Kirche zu Zarpen. 1983, In: Denkmalpflege im Kreis Stormarn ; [1], Neumünster: Wachholtz, 1983, (1983), Seite 149-151, GVK: 1003390706
  • Kirche im Travebogen 1684 - 1984. Bad Segeberg, Wäser 1984, GVK: 1003390706

Weitere Literatur