Lebenslauf
Christian zu Stolberg Stolbergs Lebensweg war bis zu seiner Heirat eng mit seinem Bruder Friedrich Leopold verbunden, dem späteren Schriftsteller, Diplomaten und Verwaltungsbeamten. Beide wuchsen zunächst in Bramstedt, ab 1755 in und bei Kopenhagen auf, wo ihr Vater Christian Günther Oberhofmeister der dänischen Königinwitwe war. Die Familie gehörte zum Kreis um den Minister Hartwig Ernst von Bernstorff. Großen Einfluss auf die Brüder Stolberg übte der Dichter Friedrich Gottlieb Klopstock aus. Pietistische Anschauungen vermittelten ihnen auch die Versammlungen der Herrnhuter Brüdergemeine.
Christian begann früh, Gedichte zu schreiben und wurde 1772 zusammen mit seinem Bruder in den Göttinger Hain aufgenommen, einen Dichterbund um Heinrich Christian Boie und Johann Heinrich Voß. Sein erstes Gedicht erschien im Göttinger Musenalmanach von 1774. Ab Herbst 1773 lebten die Brüder in Kopenhagen zeitweise im Haus ihres Schwagers, des dänischen Außenministers Andres Peter von Bernstorff. Im Mai 1775 reisten sie mit dem Studienfreund Heinrich Christian Kurt von Haugwitz, der 1792 preußischer Außenminister wurde, und Johann Wolfgang Goethe in die Schweiz, wo sie bis zum November des Jahres blieben.
Finanziell befand sich Christian in einer schwierigen Lage. Sein Vater war als zweitgeborener Sohn von der Mitregentschaft der Reichsgrafschaft Stolberg im Harz durch eine nur selten ausgezahlte Apanage abgefunden worden. Christian selbst hatte zwar Gut Rungstedt bei Kopenhagen geerbt, musste den Besitz aber wegen der damit verbundenen hohen Unterhaltungskosten verkaufen und war gezwungen, in den Staatsdienst einzutreten. Andreas Peter von Bernstorff, der als leitender Minister großen Einfluss auf die Besetzung von Verwaltungsstellen mit Angehörigen des deutschen Adelskreises nahm, verschaffte ihm die Amtmannstelle in Tremsbüttel.
Im Juni 1777 heiratete Christian Luise von Gramm. Mit ihr zusammen ließ er das Herrenhaus Tremsbüttel neu erbauen und den Park des Gutes Tremsbüttel als englischen Landschaftsgarten anlegen. Das Ehepaar pflegte enge Verbindungen zum Kreis von Emkendorf, nach Eutin zu Friedrich Leopold zu Stolberg und Johann Heinrich Voß sowie zu den intellektuellen Kreisen in Hamburg. Tremsbüttel zog immer wieder prominente Besucher an, etwa Klopstock, Johann Caspar Lavater und Wilhelm vom Humboldt.
Christian begrüßte zunächst die Französische Revolution, entwickelte sich aber bald zu einem Gegner des Umsturzes. In Tremsbüttel beherbergte er französische Emigranten, so 1797-1800 General Matthieu Dumas, bis dieser von Napoleon Bonaparte als Generalstabschef der Reservearmee berufen wurde, und Jean Étienne Marie Portalis, den späteren Kultusminister und Mitverfasser des Code Napoléon.
1800 gab Christian die Amtmannstelle auf und zog mit seiner Frau nach Gut Windeby bei Eckernförde, das er im Jahr zuvor gekauft hatte. Weil er Gut Tremsbüttel 1802 nur für ein Drittel des Preises von Windeby verkaufen konnte, geriet er erneut in finanzielle Schwierigkeiten. Die letzten beiden Jahrzehnte seines Lebens verbrachte er sehr zurückgezogen.