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Billetal (Naturschutzgebiet)

Das Billetal ist ein Naturschutzgebiet in den Kreisen Stormarn und Herzogtum Lauenburg.

Grander Mühle an der Bille, 1984

Lage

Das Naturschutzgebiet Billetal umfasst den 17 km langen Mittellauf der Bille samt Uferbereichen. Es erstreckt sich von der Grander Mühle aus in südwestliche Richtung über die Gemeinde Witzhave, den Ortsteil Ohe bis zum Zentrum der Stadt Reinbek und bildet hier die südöstliche Grenze Stormarns zum Kreis Herzogtum Lauenburg. Es endet an der Mündung der Bille in den Reinbeker Mühlenteich.

Zum Schutzgebiet gehört auch der Unterlauf der Corbek, die bei Witzhave in die Bille fließt.

Mehrere Verkehrswege queren das Gebiet: die Landesstraße 314 bei Reinbek, die Bundesautobahn 24 bei Witzhave sowie an drei Stellen die Bahnstrecke Hamburg-Berlin.

Artikel in der Ahrensburger Zeit über Demonstration gegen Bau des Transrapids, 1996

Geschichte

1936 leitete der Kreis Stormarn ein Verfahren zur Unterschutzstellung des Billetals ein, um eine zunehmende Bebauung zu verhindern. Im Februar 1939 erfolgte die Ausweisung eines Teils des Billetals im Amtsbezirk Reinbek als zu schützender Landschaftsteil im Rahmen des Reichsnaturschutzgesetzes. Mitte 1941 mussten aufgrund des Einspruchs des Landesforstmeisters forstfiskalische Flächen davon ausgenommen werden. Ab Mitte der 1950er-Jahre engagierte sich die Gemeinschaft für Fischereibiologie und Naturschutz e. V. Reinbek (GFN) für den Schutz des Billetals, das 1973 zunächst zum Landschaftsschutzgebiet Bille wurde. Vier Jahre später beantragte die GFN die Ausweisung des Billetals als Naturschutzgebiet. Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. (BUND) trieb 1981/82 auf Basis eines Forschungsprojekts der Technischen Universität Berlin die Bemühungen um verschärfte Schutzmaßnahmen voran.

Trotz der Kritik von Umweltschützer:innen an der Trassenplanung führt der im Juni 1982 freigegebene Abschnitt der Bundesautobahn 24 durch das Billetal. Aufgrund der weiteren Gefährdung des Gebiets, u. a. durch Entwässerungsvorhaben, setzte sich der Beirat für Naturschutz des Kreises Stormarn für eine Beschleunigung des Verfahrens ein. 1985 wurde die Unterschutzstellung eingeleitet und das Billetal 1987 als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Der BUND, der Naturschutzbund Deutschland e. V. (NABU), der Naturschutzverein Bille e. V. sowie die GFN schlossen sich zur ehrenamtlichen Gebietsbetreuung in der Arbeitsgemeinschaft Naturschutzgebiet Billetal zusammen.

1988 lehnte der Kreis einen geplanten Kiestagebau bei Grande in unmittelbarer Nähe des Naturschutzgebiets wegen möglicher Gefährdungen des Billetals und der Zuflüsse ab. Einen seit 2004 beim Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie angesiedelten Antrag für einen Quarzsand-Tagebau zog die Glinder Firma Koops nach Protesten von Anwohnern und Naturschützern 2014 zurück.

1994 ließ die Untere Naturschutzbehörde des Kreises Stormarn ein Gutachten mit Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen zum Billetal erstellen. Ab Mitte der 1990er-Jahre kam es zu Konflikten wegen der geplanten Magnetschwebebahn Transrapid, die das Naturschutzgebiet durchqueren sollte. Der Stormarner Kreistag befürchtete wegen der Linienführung u. a. Beeinträchtigungen des Naturschutzes und lehnte die Pläne ab, die dann 2000 eingestellt wurden.

2007 wies die EU das Billetal als Teil des Flora-Fauna-Habitats (FFH) Bille als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung aus, im Januar 2010 als Besonderes Erhaltungsgebiet.

Flora und Fauna

Das Billetal ist geprägt von naturnahen Auenwäldern mit Röhrichten und Großseggenriedern, durch feuchte Hochstaudenfluren sowie Hainsimsen-Buchenwälder an den Steilhängen und bodensaure Eichenwälder auf Sandebenen.

In den Quellbereichen finden sich Quellmoose und Milzkräuter. Die Bille bietet Laichplätze für z. T. gefährdete Fischarten wie Bachneunauge, Bachschmerle, Elritze und Mühlkoppe (Westgroppe). Die GFN setzt Bachforellen und Äschen nach.

Seltene und bedrohte Arten von Eintags-, Stein- und Köcherfliege kommen ebenso vor wie die auf der Roten Liste stehende Gemeine Flussmuschel (Kleine Flussmuschel) sowie die Blauflügelige und die Gebänderte Prachtlibelle. Als sommerkühler, sauerstoffreicher Kaltwasserfluss mit Quelltöpfen und seltenen Quellhängen ist die Bille wichtiger Lebensraum z. B. für Kieslaicher und Insektenarten.

Das Billetal dient Gebirgsstelzen und Eisvögeln als Brutgebiet und Wasseramseln als Überwinterungsgebiet.

Ökologische Bedeutung

Im Bereich des Naturschutzgebiets zeigt sich die Bille als eines der letzten naturnahen Fließgewässer Schleswig-Holsteins. Mit ihrem mäandrierenden Lauf, Prall- und Gleitufern, wechselnder Fließdynamik, Kiesbänken und tiefen Taleinschnitten mit Steilufern sowie Alt- und Totholzbereichen weist sie einen hohen geomorphologischen und hydrologischen Wert auf. Gemäß der EU-Wasserrahmenrichtlinie ist dieser Flussabschnitt als besonders zu schützendes Vorranggewässer ausgewiesen.

Im Billetal wurden ca. 600 Tier- und Pflanzenarten nachgewiesen, darunter über 330 Farn- und Blütenpflanzenarten, mehr als 170 holzbewohnende Pilzarten und ca. 80 Vogelarten.

Das Billetal bildet eine wichtige Biotopverbundachse mit weiteren Naturschutz- sowie FFH-Gebieten wie der Hahnheide, dem Talwald Hahnenkoppel, dem Trittauer Mühlenbachtal und Drahtmühlengebiet, dem Linauer und Koberger Moor sowie dem Sachsenwald.

Nutzung

Der Billewanderweg erschließt das Tal als Naherholungsgebiet. Zwischen August und März ist bei genügendem Pegelstand auf dem Fluss das Wasserwandern erlaubt.

Besonderheiten

Durch das altersbedingte Absterben von Pappelanpflanzungen kommt es zu Veränderungen im Gebiet. Die typische Feuchtwiesenvegetation nimmt ab, und das invasive Indische Springkraut überwuchert in Hochstaudenfluren die natürliche Vegetation.

Das Naturschutzgebiet spart den Bereich um den Produktionsstandort der Fürst Bismarck Quelle in Reinbek aus.

Datierung Schutzstellung

14.08.1987

Begründung Schutzstellung

Das Naturschutzgebiet dient der Erhaltung eines der wenigen noch nicht ausgebauten Fließgewässer Schleswig-Holsteins als Lebensraum einer besonders zahl- und artenreichen Tier- und Pflanzenwelt.

14 400
Billetal (Naturschutzgebiet) local_florist 53.5545410000 10.3140760000

GPS-Standort

53° 33' 16'' N, 10° 18' 50'' O

Größe

1,76 km2

höchster Punkt

32 m über NN

tiefster Punkt

5 m über NN

Strukturansicht

Literatur

  • Naturschutz für die Bille, 33 Jahre Engagement für einen Fluß und sein Tal ; eine Dokumentation der „Gemeinschaft für Fischereibiologie und Naturschutz e. V.“. Reinbek, GFN 1987, GVK: 161339131
  • Hess, Günter : Naturschutzgebiet am Ballungsraum Hamburg – das Billetal – Gemeinschaft für Fischereibiologie und Naturschutz e. V.: Betreuungsgemeinschaft Billetal. 1993, In: Landschaft und Naturschutz im Kreis Stormarn und in den Partnerkreisen Schwerin, Pasewalk und Ueckermünde, Bad Oldesloe, 1993, (1993), S. 11–12, GVK: 1016139896
  • Peets, Helmuth : Das Naturschutzgebiet Billetal, ein Juwel an Stormarns Grenze. 2018, In: Jahrbuch für den Kreis Stormarn ..., Großhansdorf: ProFunda-Verl., 1983, 37(2019), S. 148–152, GVK: 1067754598
  • Billetal. Flintbek, 2007, GVK: 548590125
  • Naturschutzplanung Studienprojekte; ,Naturschutzplanung Billetal' – Schleswig-Holstein, ,Püttlachtal' – Bayern, ,Naturschutz in der Stadt' – Berlin-Gleisdreieck. Berlin, Univ.-Bibl. d. TU 1982, GVK: 196975387

Weitere Literatur